Viel Risiken, keine Nebenwirkungen – unser Beipackzettel zum zweiten Semifinale

Am heutigen Donnerstag haben auch die Schweiz, Österreich und Deutschland die Möglichkeit, aus 18 Kandidatinnen und Kandidaten jene 10 mitzubestimmen, die am kommenden Samstag beim Finale des Eurovision Song Contests in Tel Aviv dabei sein dürfen.
Schon mal vorneweg: Glück gehabt – es ist musikalisch eindeutig das stärkere der beiden Semifinale, wenn es nicht wieder unerwartete Totalausfälle wie am Dienstag gibt.
Nahezu alle Favoriten versammeln sich hier. Und während es am Dienstag noch etwas schwer fiel, überhaupt 10 Acts zu benennen, die ins Finale einziehen sollten, beginnt heute das große Hauen und Stechen. Viel Risiken für manch sicher geglaubten Sieg – hoffentlich wenig schmerzhafte Nebenwirkungen für das Publikum!
Auf Eure und Ihre Stimme kommt es also mit an – und damit die Qual der Wahl leichter fällt, stellen wir die 18 Hoffnungsträger*innen hier vor. Mit den Texten ihrer Songs haben wir uns ja bereits beschäftigt.

Die Songs

01) Armenien

Frauen Empowerment I – aus dem Kaukasus
Mit Empowerment bezeichnet man Strategien und Maßnahmen, die den Grad an Autonomie und Selbstbestimmung von Menschen erhöhen sollen. Und genau darum geht es in dem ersten Lied des Abends. Die 24jährige Srbuk aus Armenien, im letzten Jahr im Finale von The Voice Ukraine, will all diejenigen stärken, die es bisher nicht schaffen, sich aus einer Beziehung zu lösen, in der Liebe keinen Platz mehr hat.
Jemanden zu verlassen, Walking Out, ist dann häufig nur noch die einzige Möglichkeit. Kraftvoll und überzeugend wird die Botschaft mit lodernden Flammen inszeniert. Die schwarze Wand bekommt erst Risse und zerspringt dann endgültig. Aber um das zu erreichen, braucht es oftmals viel Standkraft. Deswegen steht die Sängerin auch allein und breitbeinig auf der Bühne.

Flammen um Srbuk | Foto: Martin Schmidtner
Flammen um Srbuk | Foto: Martin Schmidtner

Unsere modische Anmerkung gilt dem Lamettabesatz des Hosenanzugs, der uns eher verwirrt als entzückt. Leider entzückt uns der Song jedoch auch nicht wirklich.

02) Irland

2. Song und 2. Semifinale – das macht 22
Und jetzt geht es in die 60er Jahre, in den Diner an der Ecke zur Hauptstraße einer US-amerikanischen Kleinstadt, wo sich drei blonde Freundinnen treffen. Die Sängerin Sarah McTernan erinnert sich in ihrem Song 22 wehmütig an ihren ehemaligen Freund, der in der Hausnummer 22 gewohnt hat. Leicht melancholisch denkt sie über das nach, was sie falsch gemacht hat und teilt es ihren Freundinnen mit. Die schlürfen an ihren Eis-Shake, drehen sich gerne mal um sich selbst und reißen die Arme hoch – ganz natürlich!

Tratsch am Dinertresen | Foto: Martin Schmidtner
Tratsch am Dinertresen | Foto: Martin Schmidtner

Ob frau sich in den 60er Jahren wirklich so lasziv auf den Tresen eines Diners geräkelt hat?!
Natürlich ist der ESC auch eine Bühne für viele Voice Teilnehmer*innen. Mit der 25jährigen irischen Sängerin startet die Drittplatzierte aus The Voice of Ireland 2015. Nachdem es im letzten Jahr nicht für eine Teilnahme für San Marino gereicht hat, geht sie nun für Irland an den Start. Ein nettes, gefälliges Liedchen zu Beginn des Abends, das am Ende bald vergessen sein wird.

03) Moldawien

Wenn einem der Partner wie Sand durch die Finger rieselt
Bei Beziehungsproblemen empfiehlt der moldawische Beitrag, anders als der armenische, keine Trennung. Stattdessen bittet Sängern Anna Odobescu, 27, dass er bleiben möge – es werde sich schon ein Weg finden. Stay ist typische ESC-Konfektionsware, die 2019 jedoch weit am Publikumsgeschmack vorbei rauscht. Also wird eine wunderschöne weiße Robe aus dem Schrank genommen und das Lied um die Performance einer Sandzeichnerin ergänzt, die in der Tat beeindruckt. Aber auf der ESC-Bühne ist das nichts Neues – das gab es schon 2011 im ukrainischen Beitrag.
Georgios Kalpakidis, der Haupt-Songwriter des Songs, hat sich mit Stay einen Lebenstraum erfüllt: seit 2004 hat er mit insgesamt 35 Titeln in Litauen, Irland, Spanien, Polen, Georgien, der Schweiz, Moldawien, Portugal, Weißrussland, Malta und Zypern versucht, ein Ticket für den ESC zu bekommen. Jetzt hat er es geschafft.

Anna Odobescu (links) | Foto: Martin Schmidtner
Anna Odobescu (links) | Foto: Martin Schmidtner
04) Schweiz

Despacito auf Schweizerisch
In Deutschland ist er 2012 Bohlens neunter Superstar gewesen, jetzt startet Luca Hänni für sein Heimatland und möchte die leidgeprüften Eidgenossen zu gerne auch mal an die Spitze bringen. Das Rezept kann aufgehen: ein angesagter Musikstil, Latinopop, und harte Arbeit und Training bei der Inszenierung und Umsetzung.
Das Lied, das eigentlich Dirty Dancing heißen müsste, es aber aus urheberrechtlichen Gründen wohl nicht durfte, geht sofort ins Ohr und in die Hüften.
Nicht nur Lucas hartes Training, sondern auch das ambitionierte Engagement des Schweizer Rundfunks hat bisher gut gewirkt: ein perfektes Musikvideo zu She Got Me Dancing und dann der Mut, zum Staging noch mal alles umzustellen und eine farbenfrohe, frische Pop-Dance-Nummer auf die Bühne zu bringen – das verdient schon jetzt Respekt und weckt bei uns in Deutschland Neid auf den Schweizer Unterhaltungschef.

Latin Lover Luca | Foto: Marc Schulte
Latin Lover Luca | Foto: Marc Schulte

Wenn Luca Gesang und Moves dann heute und am Samstag ebenso routiniert und perfekt umsetzt wie bisher in den Proben, steht einem großen Erfolg nichts mehr im Wege. Sein Charme und seine Ausstrahlung werden ganz sicher auch kein Hindernis sein. Die Halle dürfte toben – he got us dancing!

05) Lettland

Kalte Nachtwanderung
Das Quartett Carousel geht für Lettland an den Start und besingt in That Night die Dunkelheit und Kälte der Nacht. Während man sich auf einem schmalen Pfad durch die Nacht im Wald wähnt, sind die drei Minuten dann doch irgendwann um, und man freut sich, dass man sich im warmen Wohnzimmer oder Tel Aviv wähnt. Natürlich kann man den Song gut im Autoradio hören, aber die ganze Inszenierung hat den Charme eines Scheuenauftritts auf einem norddeutschen Folkfestival bei Regenwetter.

Carousel | Foto: Martin Schmidtner
Carousel | Foto: Martin Schmidtner
06) Rumänien

Trennungsschmerz an einem Sonntag
Was für ein schlechter Tag, jemanden zu verlassen – der Sonntag. Immerfort wird der an und für sich großartige Wochenendtag für den anderen dann diese alles andere als schöne Konnotation haben.
So geht es der rumänischen Sängerin Ester Peony im Lied On a Sunday: seit dem letzten September kann sie diesen Tag nicht mehr genießen. Und wir fühlen mit der Sängerin mit, erfahren in der Pressekonferenz aber nur, dass ihre Lieblingskatze ‚Juicy‘ nach dem Ausruf im Handyspiel Candy Crush heißt, der einen besonders guten Zug kommentiert.

Was machen die Geister des Sonntags mit Ester? | Foto: Martin Schmidtner
Was machen die Geister des Sonntags mit Ester? | Foto: Martin Schmidtner

Jedoch werden die Spannungen in einer Beziehung wirkungsvoll und flammenreich umgesetzt. Besonders würdigen wollen wir dann doch die tänzerische Leistung der Tänzer. Und gut, dass sie Vorsorge dafür getroffen hat, dass es keine Achselschweißflecken in der Kleidung geben kann!

07) Dänemark

Liebe ist für alle da – weichgezeichnete Hyggeligkeit auf kantigem Stuhl
„Don’t get too political“ (sei bloß nicht zu politisch!) – dieser Leitsatz, der direkt aus den Statuten der EBU stammen könnte, durchzieht das dänische Lied wie einen roten Faden. Denn Leonora teilt uns – und das dann noch in den vier Sprachen Englisch, Französisch, Deutsch und Dänisch – mit, worauf es wirklich ankommt: Love Is Forever! (Nur die Liebe ist beständig).
Diese unpolitische Schönfärberei ist zudem noch in eine Kinderbuch-Romantik-Kulisse mit Riesenstuhl und Vertreterinnern und Vertretern aus allen Kontinenten eingebaut. Insofern können wir nicht wirklich begeistert zujubeln, auch wenn wir natürlich heimlich mitsummen und mitschunkeln.

Sichtschirm fürs Publikum - wo ist Leonora? | Foto: Martin Schmidtner
Sichtschirm fürs Publikum – wo ist Leonora? | Foto: Martin Schmidtner

In der Halle wird die Freude am Lied dadurch getrübt, dass in den ersten 30 Sekunden ein Sichtschirm aufgebaut ist und Leonora zu hören, jedoch nicht zu sehen ist. 

08) Schweden

Ballade, Uptempo und Gospel in Perfektion
Nachdem John Lundvik im letzten Jahr Dritter beim schwedischen Vorentscheid wurde, wollte er es in diesem Jahr wissen und einen mitreißenden Song nach folgendem Erfolgsrezept gebaut: Beginn als Ballade, Forstsetzung als Uptempo- Song und dann ein fulminanter Ausklang als Gospel zusammen mit vier grandiosen, stimmgewaltigen Sängerinnen. Das funktioniert! Vor allem wenn bei der Inszenierung alles so perfekt klappt wie beim Aufbau eines Billy-Regals!
Die unbändige Freude, die John Lundvik nach seinem Sieg ausstrahlte, war ansteckend. Der zweifache Vater, dessen Bestzeit beim 100 Meter Lauf 10,84 Sekunden beträgt und der Bronze in der 4 x 100 Meter Staffel bei den schwedischen Meisterschaften 2005 gewonnen hat, geht als geballtes Energiebündel an den Start. Sein Blick aus den Augenwinkeln kann Frauen und Männerherzen schwach machen. Wer mit solch einer Inbrunst Too Late for Love singt, weiß natürlich, wie die Antwort lautet: Nein, es ist nicht zu spät für die Liebe.

John Lundvik | Foto: Martin Schmidtner
John Lundvik | Foto: Martin Schmidtner

Unser Designpreis geht an die übergroße umfunktionierte Nachttischlampe!

09) Österreich

Drei Minuten Ultrakurztherapie
Blaue Haare sind das Erkennungszeichen der österreichischen Sängerin PÆNDA, die mit ihrem Titel Limits (Grenzen) das Thema Depressionen angeht und zeigt, wie schwer es ist, sich aus einem wirklichen Tief zu befreien. Mit ihrem Vortrag gelingt es, diese Gefühlswelt zu offenbaren.  Wenn es durch das zugegebenermaßen anspruchsvoll-sperrige Lied gelingt, Angehörigen und Freunden die Perspektive von depressiven Menschen zu vermitteln, ist viel erreicht.

PÆNDA | Foto: Marc Schulte
PÆNDA | Foto: Marc Schulte

Die Inszenierung hinterlässt in der Halle Gänsehaut pur: Verlassen und allein sitzt die Sängerin in einem Wald aus Glasstäben und droht sich daran zu verletzen oder einfach nur zu erfrieren. Wenn dann die Hallendecke den Lichteffekt der Stäbe fortsetzt, kann das beides bedeuten: den ersten Schritt raus aus der Krise oder aber eine Fortsetzung oder Verschärfung der Krise.  
PÆNDA schreibt übrigens ihre Lieder und Texte im heimischen Wohnzimmer.

10) Kroatien

Wenn Engel singen
Der kroatische Sänger Roko gewann 2011 Croatia’s Got Talent. Jetzt, mit 19 Jahren, startet er beim Eurovision Song Contest. Der Komponist des Liedes The Dream, Jacques Houdek, war selbst 2017 mit seinem Lied My Friend ESC Teilnehmer. Er erreichte das Finale und erzielte dann einen respektablen 13. Platz.
Aber wie inszeniert man ein Lied, in dem die Kraft der Liebe, die von der Hölle in den Himmel führt, fast messianisch besungen wird? Man lässt weißbehoste Engel mit goldenen Flügeln einschweben, während im Hintergrund die Reise von der dunklen vulkanischen Erde in das helle Wolkenmeer führt.

Wenn Engel nicht singen, turnen sie | Foto: Marc Schulte
Wenn Engel nicht singen, turnen sie | Foto: Marc Schulte

Zu viel Pathos kann aber den Einzug ins Finale kosten. Aber dass Engel homoerotische Ausstrahlung haben, wussten wir ja alle schon immer!

11) Malta

Stimmlich ausbaufähiger Farbenrausch
Auf Malta gab es diesmal keine nationale Vorentscheidung für den ESC. Stattdessen wurde für der Siegerin von X Factor einen Song geschrieben – rhythmisch und klangfarbig durchaus catchy!
Die 18jährige Michela kommt von der Insel Gozo und singt das Lied Chamäleon.  
Es geht um Farben! Mit dem Farbwechsel eines Chamäleons kann man sich den Herausforderungen des Lebens stellen. Ob Wüste, Dschungel, Meer oder die Stadt, überall findet sich Michela zurecht – nur leider nicht immer in der Welt der richtigen Töne. Aber von Probe zu Probe wurde sie besser.

Probe in Technicolor | Foto: Marc Schulte
Probe in Technicolor | Foto: Marc Schulte

Am besten hat uns das Chamäleon in den Wolken gefallen.

12) Litauen

Schießender Löwenflüsterer
Natürlich gibt es immer wieder die Frage nach dem attraktivsten Mann im Wettbewerb und etliche wählten Jurij Veklenko (29), der für Litauen mit seinem Song Run with the Lions antritt.
Und mal wieder geht es um die Kraft der Liebe, die einen ermächtigt, sogar mit den Löwen zu laufen.

Für diesen Auftritt wurden keine Löwen gequält| Foto: Marc Schulte
Für diesen Auftritt wurden keine Löwen gequält| Foto: Marc Schulte

Der leidenschaftliche Hobbyschütze überraschte auf den Pressekonferenzen mit seiner sonoren Sprechstimme, die sich diametral von der Singstimme unterscheidet.
Die einzige Veränderung auf der Bühne besteht darin, dass Jurij sein Mikrofon vom Ständer nimmt und der Kameramann einmal um ihn herumläuft. Angesichts des Titels ist das dann doch überraschend wenig, aber so kann man dem Sänger auf jeden Fall ins Gesicht schauen.

13) Russland

Es gibt nicht nur einen Sergey
Als der Name des russischen Teilnehmers verkündet wurde, schien alles klar. Nach der Nichtteilnahme in Kiew und dem Debakel des verpassten Finaleinzugs im letzten Jahr, musste jetzt unbedingt der Erfolg von 2016 getoppt werden, der 3. Platz von 2016 mit You Are the Only One, gesungen von Sergey Lazarev. Zumal Russland sich damals nicht freuen konnte, sondern den Bronze-Rang als politisch motivierte Niederlage interpretierte.
Und Filipp Kirkorow (52), der Mann, der seit Jahrzehnten wie kein anderer für den ESC in Russland steht, konnte Lazarev überzeugen, noch einmal anzutreten. Das musicaleske Lied Scream enttäuschte nach seiner Veröffentlichung zunächst. Es geht um Trennungsschmerz und Männertränen, die zu Schreien werden.

Sergey, 2 mal beim ESC, noch öfters auf der Bühne | Foto: Martin Schmidtner
Sergey, 2 mal beim ESC, noch öfters auf der Bühne | Foto: Martin Schmidtner

Aber Russland verzichtete diesmal auf eine ausufernde Inszenierung und aufdringliche Spezialeffekte. Das hat dem Song gutgetan – Sergey ist die Hauptperson! Darum wird er auch mit LED-Spiegeln vervielfacht, die ihn effektvoll verschwinden und auftauchen lassen.
Als James Bond würde sich Sergey auch gut machen – das zeigt er in der „postcard“!

14) Albanien

Vergiss die Heimat nicht
Albanien besingt den Nationalstolz. In Ktheju tokës wird der Liebste aufgefordert, in sein Land zurückzukehren. In der Fremde ist er ohne Identität und allein. Das Pathos und die Kraft des Liedes liegen spürbar in der Luft, wenn Jonida Maliqi (36), wie von Albanien gewöhnt, stimmlich perfekt abliefert.

Jonida Maliqi | Foto: Martin Schmidtner
Jonida Maliqi | Foto: Martin Schmidtner

Jonida hat es sich nicht nehmen lassen, 21 Paare Schuhe mit nach Tel Aviv zu nehmen.
Doch es gibt keinen Kleiderwechsel und erst recht keinen Schuhwechsel: auf der Bühne passiert schlicht und einfach nichts. Die Sängerin in einem schwarz-goldenem Kleid und die Backings an ihren Mikrofonständern stehen und singen, als ginge es um ihr Leben. Wenn das mal nicht die Diaspora wachrüttelt!

15) Norwegen

Nordlichter mit samischem Joiken
Das norwegische Trio KEiiNO besingt den Spirit in the Sky in einem gelungenen Mix aus Helene Fischer, ESC-Pop und Joik. Letzterer stammt aus der samischen Kultur und wurde und wird dort zur Kommunikation von Gefühlen verwendet.
Initiator und Mitglied der Gruppe ist auch Tom Hugo. Da der 40jährige Wahlberliner ist, haben „wir“ gewissermaßen einen weiteren Teilnehmer aus Deutschland mit am Start.
Indem die Kräfte und Geister der Natur besungen werden, möchte KEiiNO zeigen, wie wichtig für Minderheiten Akzeptanz, Hilfe und Beistand ist, damit jedes Individuum seinen persönlichen Weg gehen kann. – Trotz ernstem Hintergrund keine schwere Kost, sondern etwas zum Mitsingen, Mitklatschen und Tanzen! „Es steckt viel Eurovision in dem Song“, sagen sie selbst.

KEiiNO | Foto: Martin Schmidtner
KEiiNO | Foto: Martin Schmidtner

Gerade, weil alle drei Bandmitglieder Erfahrungen mit Ausgrenzung gemacht haben, wissen sie, wovon sie singen. Darüber – und über noch viel mehr – haben wir mit KEiiNO in einem Interview gesprochen.
Unsere Kitschpunkte gehen an die eingeblendeten Rentiere!

16) Die Niederlande

Loving you is a loosing game…
Viele hat Duncan Laurence bereits vor Wochen mit einem wirklich schönen Unterwasser-Video zu seinem Song Arcade mitten ins Herz getroffen.
Doch dann blieb manchem Fan angesichts der Inszenierung mit Duncan hinter einem einfachen Keyboard in der ersten Probe fast das Herz stehen.
Aber die Niederländer setzen eben konsequent auf Schlichtheit und auf die Kraft und Sehnsucht in Duncans Stimme.

Duncan, seine Stimme und ein Discokugelmond | Foto: Marc Schulte
Duncan, seine Stimme und ein Discokugelmond | Foto: Marc Schulte

Vom Ende einer Beziehung wird erzählt: der eine Partner hat verloren und muss sich endlich befreien – wie aus einer Sucht. Als Metapher dient das Bild eines spielsüchtigen Kleinstadtjungen in der großen Spielhalle (so der Titel Arcade). Alle Liebe, die er geben konnte, ist aufgebraucht wie die Münzen im Schlitz des Spielautomaten. Was übrig bleibt ist ein gebrochenes Herz.
Und damit hat Duncan auch unser Herz gebrochen.

17) NordMazedonien

Frauen Empowerment II – vom Balkan
Zum ersten Mal heißt es nicht mehr FYROM (Former Yugoslav Republic of Macedonia), sondern seit der Einigung mit Griechenland dürfen wir jetzt ganz offiziell Nordmazedonien schreiben. Das Land mit knapp über 2 Millionen Einwohner*innen schickt Tamara Todevska mit dem Lied Proud (Stolz) ins Rennen. Auch wenn die Sängerin schon dreimal als Backing Vocal beim ESC auf der Bühne stand, ist es natürlich etwas völlig Neues, allein auf der Bühne zu stehen.

Stolz und Spiegel passen zusammen | Foto: Marc Schulte
Stolz und Spiegel passen zusammen | Foto: Marc Schulte

Proud soll ebenso wie das Lied aus Armenien „empowern“. Tamara will Mädchen und junge Frauen dazu bewegen, ihre Ziele und Wünsche umzusetzen, stark zu werden und sich nicht brechen zu lassen – eine kraftvolle und beeindruckende Ballade.
Besonders effektvoll: Die Sängerin wird vom Bühnenhintergrund gefilmt und dieses Bild dann auf sechs LED Wänden wiedergegeben, womit der Eindruck von Spiegeln entsteht.

18) Aserbaidschan

Eine OP am gebrochenen Herzen
Chingiz (28) gewann in seinem Land 2013 Pop Idol und nahm 2016 bei der The Voice Ukraine teil, zwei Jahre vor der armenischen Teilnehmerin. Er mag seinen Hund, Kung Fu und Yoga und hat hier durch sein Lächeln die Herzen vieler in Sturm erobert.
Da eine Backing-Sängerin ausgefallen war, sprang eine israelische Sängerin ein – einen Tag vor den Proben.
Chingiz‘ Herz wurde zerstört und er liegt nun am Boden. Truth, die Wahrheit, wollte er eigentlich nicht hören – doch nun kennt er sie.

Nicht dass Chingiz all die Requisiten wirklich bräuchte! | Foto: Martin Schmidtner
Nicht dass Chingiz all die Requisiten wirklich bräuchte! | Foto: Martin Schmidtner

Die Inszenierung versucht Begriffe wie Fremdbestimmung und Gebrochenes Herz umzusetzen. Ob zur Heilung des Herzens nun wirklich Roboter und Laser notwendig sind, wagen wir zu bezweifeln. Aber irgendwie passen sie dann doch zu den kühlen elektronischen Klängen.
Und auch die Befreiung aus den angelegten Ketten wird hart an der Grenze zum Kitsch inszeniert und lässt ein wenig an eine Himmelfahrt denken.
Unser Preis für den attraktivsten Mann in diesem Jahr geht an Chingiz.

Die Show

Musik

Nach dem überaus gelungenen Show-Auftakt zur ESC-Eröffnung am Dienstagabend mit Nettas Siegerlied und der großartigen Kisscam-Liebesbotschaft Dana Internationals bringt das zweite Semi heute Abend das Thema Inklusion auf die Bühne:
Shalva ist „The Israeli Association for the Care and Inclusion of Persons with Disabilities“, also eine Organisation zur Vertretung von Menschen mit körperlichen oder geistigen Handicaps und deren Inklusion.

Shalva Band | Foto: Martin Schmidtner
Shalva Band | Foto: Martin Schmidtner

Botschafterin dieser Organisation ist die Shalva Band, bestehend aus 8 Personen mit Behinderungen. Sie sind hier überaus populär und werden in der Voting-Phase den Song A Million Dreams performen.

Zauberei

Wir wissen nicht, ob er im Gegensatz zu uns alle 10 Acts vorhersagen könnte, die den Weg ins Finale schaffen werden. Aber Lior Suchard, Israels bekanntester Mentalist, wird im Green Room mit einer Kostprobe seiner Kunst verblüffen.

Die Postcards

Und natürlich werden wir im tanz-enthusiastischen Israel wieder für alle Kandidat*innen wundervoll inszenierte Einspielfilmchen sehen, in denen vor schöner Kulisse getanzt wird. Für uns die besten Postcards seit dem ESC in Düsseldorf, vor allem weil die Künstlerinnen und Künstler in den Mittelpunkt gestellt werden!

S!sters, Mahmood und Michael Rice

Am Dienstag wurden bereits die Titel der fürs Finale gesetzten Beiträge Spaniens, Frankreich und Israels vorgestellt.
Heute folgen Deutschland, Italien und Großbritannien mit am Vorabend im Juryfinale aufgenommenen Videoclips und kurzen Interviews.
Der Act der deutschen Beitrags S!sters wird also auch erstmals offiziell mit einem längeren Ausschnitt zu sehen sein.

S!sters | Foto: Martin Schmidtner
S!sters | Foto: Martin Schmidtner

Das Orakel

Ob wir heute auch wieder unsere fast schon Standardquote von mindestens Acht von Zehn erreichen können, bezweifeln wir selbst ganz stark.
Aber wir werden nicht kneifen und benennen – wohlgemerkt – nicht unsere Wunschliste, sondern unsere Einschätzung, wer es schaffen wird, wobei die Reihenfolge hier der Startreihenfolge entspricht:

  1. Armenien
  2. Schweiz
  3. Schweden
  4. Litauen
  5. Russland
  6. Albanien
  7. Norwegen
  8. Die Niederlande
  9. Nordmazedonien
  10. Aserbaidschan

Übertragung

Das Semifinale beginnt um 21 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit – hier in Tel Aviv  also erst um 22 Uhr.
Übertragen wird es im ARD-Sender ONE sowie in Livestreams auf dem Eurovisionskanal von youtube (dort im Originalton ohne deutschen Kommentar) und auf eurovision.de.
Das Erste wiederholt die Show um 02:10 Uhr.

Auf ONE wird eine Untertitelung und eine Audiodeskription angeboten.
Im deutschen Livestream gibt es die Koppelung mit Social Media Kanälen, sowie Audiodeskription und deutsche Gebärdensprache.

Viel Vergnügen!

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