Feiern als ob es kein Morgen gäbe – der ESC-Auftakt

Das offizielle Partyprogramm des Eurovision Song Contests startete gestern Abend mit einem fulminanten Auftakt: der Bürgermeister von Herzelia hatte zusammen mit der EBU und dem ausführenden israelischen TV-Sender KAN die Delegationen sowie die akkreditierte Presse und Fans zu einer „Cocktail-Reception“ in den Yachthafen von Herzelia geladen.

Im Yachthafen von Herzelia | Foto: Martin Schmidtner
Im Yachthafen von Herzelia | Foto: Martin Schmidtner

Herzelia ist eine Stadt 15 km nördlich Tel Avivs, ein mondäner Vorort mit vielen ausländischen Vertretungen und Botschaften, die sich im dortigen Villenviertel angesiedelt haben. Auch diverse große Hotels liegen dort. Die Stadt nutzte die Gelegenheit, sich anlässlich des Song Contests zu präsentieren und dabei das diplomatische Corps einzuladen.

Feiern nach den Unruhen

Am Abend zuvor wäre dies angesichts der Angriffe im Süden wohl noch etwas befremdlich erschienen. Erstmals seit 2014 waren auch israelische Zivilisten zu Tode gekommen. Doch die zwischen Palästinensern und Israel gestern Morgen verhandelte Waffenruhe hatte auch im von all dem äußerlich unberührten Tel Aviv eine gewisse spürbare Erleichterung bewirkt. Immerhin hatten die Angriffe den ESC am Tag zuvor überschattet. Und auch wenn all dies hier Alltag ist: zumindest für uns war die Bereitschaft auf eine Eurovisions-Party dadurch deutlich gestiegen.
Feiern, als ob es das letzte Mal wäre, ist etwas, was den Menschen dieser Stadt nachgesagt wird. Dass dies keine Übertreibung ist, haben sie gestern Abend schon mal gut angedeutet.

Inoffizielle Eröffnung

Seit 2009 in Moskau war es auch die erste ESC-Eröffnung dieser Art. Denn offiziell eröffnet wird der Contest ja erst am kommenden Sonntag durch den Bürgermeister von Tel Aviv . Da jedoch die Proben bereits seit Samstag laufen und sich viele Akkreditierte bereits eingefunden haben, war es die erste Gelegenheit zum gemeinsamen Feiern mit den Delegationen und Künstler*innen.
„Cocktail-Reception“ war jedoch die Untertreibung des Tages. Nicht nur die Bar hielt allerlei Überraschungen bereit, sondern Herzelia nutzte die Gelegenheit, die Gäste mit den unglaublichen Köstlichkeiten der Levante vertraut zu machen.

Auch sonst sind die israelischen Partys der gesellschaftliche Höhepunkt des Partyprogramms eines jeden ESCs. Und so zeigte sich gestern Abend erwartungsgemäß, dass die hohe Kunst des entspannten Feierns hier wie kaum sonst irgendwo beherrscht wird.

Unter militärischem Schutz

Dass den ganzen Abend ein offensichtlich militärisches Flugzeug über der Marina kreiste und natürlich der Veranstaltungsort gut abgesichert war, gehört zum Alltag in einem vom Terror permanent bedrohten Land. Tatsächlich erhöht dies deutlich das persönliche Sicherheitsgefühl. Zumal man hier anscheinend mit den Sicherheitsmaßnahmen so vertraut ist, dass sie erstaunlicherweise weniger stark wahrnehmbar sind als erwartet oder in den letzten Jahren in Lissabon und Kiew praktiziert.

Wenig Worte – viel Musik

Nicht viele Worte verschwendete der Bürgermeister von Herzelia, Moshe Fadlon, um die Gäste zu begrüßen und allen Delegationen gutes Gelingen zu wünschen. Nach mehreren Tanzeinlagen örtlicher Companys (siehe Titelbild) gab dann als Stargast die Viertplatzierte des ESC 2005 neben ihrem HaSheket SheNish’ar ein kurzes Programm ihrer größten Erfolge zum Besten.

Liveband heizte zum Tanz ein | Foto: Martin Schmidtner
Liveband heizte zum Tanz ein | Foto: Martin Schmidtner

Die nächsten 3 Stunden bis 23:30 Uhr bestritt dann eine Liveband mit einer extrem tanzanimierenden Mixtur aus bekannten ESC- und aktuellen Pop-Hits.

Tanzen unter freiem Himmel

Während unserer 10-jährigen ESC-Geschichte hatte es das noch nicht gegeben: Tanzen und Feiern unter freiem Himmel.
Und wie in alten Zeiten genossen Akkreditierte, Gäste und Delegationen die Atmosphäre gleichermaßen entspannt.
In den letzten Jahren waren die abendlichen Partys des Song Contests in überfüllten Clubs und Hallen oft eine reine Tortur für die Künstler*innen, die meist den ganzen Abend nur von Fans um Fotos gebeten werden. Gestern dagegen war es ein Zusammenkommen ohne Gedränge, mit viel frischer Luft und genügend Platz – besonders die Polinnen von Tulia, das Team um den Portugiesen Conan Osiris, der Leadsänger Albert Černý von Lake Malawi und die Slowenen tanzten bis kurz vor Mitternacht ausgelassen auf der Tanzfläche. Passenderweise führten die Tulias eine Polonaise an!

Auch der Russe Sergey Lazarev mit Filipp Kirkorow, Serhat (San Marino), der Franzose Bilal Hassani (ohne Perücke), der für Estland startende Schwede Victor Crone, Israels Teilnehmer von 2017 Imri Ziv, die Delegation Rumäniens, Belgiens, Irlands, Albaniens, Paenda aus Österreich, Tamta aus Zypern und natürlich Hatari aus Island in vollem BDSM-Ornat waren mit dabei. Und ganz sicher noch weitere, die uns entgangen sind.

Ein absolut gelungener Auftakt der Eurovisions-Party.

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