Michael Schultes erste Probe

Gestern war „unser“ Kandidat Michael zusammen mit der deutschen Delegation (Thomas Schreiber unten links, Head of Delegation Christoph Pellander hinter der Fahne) in Lissabon angereist – heute steht seine erste Probe auf der Bühne der Altice Arena an.
Um 15:30 Uhr begann sein Programm hier mit der In-Ear-Monitoring-Probe und den Sicherheitseinweisungen, bevor er die Bühne erstmals betreten konnte.
Natürlich sind wir viel aufgeregter als bei allen deutschen Teilnehmern der Vorjahre und unsere Berichterstattung hier absolut rein subjektiv und voreingenommen!!!

Das „Staging“

Der Augenmerk der deutschen Fans richtet sich heute vermutlich vor allem auf die Präsentation und Inszenierung des Auftritts, dem sogenannten Staging.
Michael hatte schon früh deutlich gemacht, wie sehr ihn Salvador Sobral, der Vorjahressieger inspiriert und ermutigt hat, am Song-Contest teilzunehmen.
Es war also bald klar, dass es keine Pyrotechnik-Schlacht und keine Show um seinen Song herum geben würde.
Wie auch beim deutschen Vorentscheid steht er allein auf der Bühne und hat auch keine Backing-Vocals, keinen unterstützenden Chor also, im Hintergrund versteckt. Das dürfte ihn mit einigen wenigen Ausnahmen von den allermeisten Konkurrentinnen und Konkurrenten unterscheiden. – Sein Song, seine Stimme und sein Text sollen im Fokus der Aufmerksamkeit stehen.

Beim deutschen Vorentscheid füllte ein überdimensioniertes Fotoalbum mit von Fans eingereichten Fotos von Kindern mit ihren Vätern den Bühnenhintergrund . Viele verwechselten dies damals mit einem Labtop und auch die Kameraführung schaffte es selten, dies richtig einzufangen.
Dass er deshalb auf diese Requisite verzichten würde, hat er schon bald entschieden – doch wie präsentierte er You Let Me Walk Alone heute?

Er steht wieder allein auf der Bühne, nur Mikro, keine Gitarre. Der NDR hat sich für eine aufblasbare konkave, halbrunde große Leinwand als Bühnenhintergrund entschieden, die wie ein großer Halbmond hinter Michael die Bühne füllt.
Zu Beginn des Songs ist jedoch alles noch dunkel im Hintergrund – die erste Strophe singt Michael, nur schwach von hinten oben angeleuchtet, bevor zum Refrain eine Animation einsetzt, die die Schlagworte des Textes „One Love“ mit einem Herz hinterlegt, das sich bei „Two Hearts“ in zwei Gesichter spaltet. Alles ist in  Weiß auf Schwarz gehaltenen, auch die „Loving Mom“. Michaels Zuhause, sein „Home“ wird als Haus dargestellt, während „Shelter for the Storm“ wiederum mit einem Herzen korrespondiert.
In der zweiten Hälfte des Refrains setzten sich diese die Wichtigkeit des Textes unterstreichenden Animationen fort: „One Life“ als eine große 1, „True Heart“ als pulsierendes Herz, während sich dann langsam aus einzelnen Zeichenstrichen eine Straße bildet, die in den Bühnenhintergrund führt: „This Road“ und als letzte Textphrase „Alone“!
Zur zweiten Strophe wechselt der Video-Inhalt dann zu einer ähnlichen Diashow von Kindern mit ihren Vätern wie im Vorentscheid, wobei anfangs mehr Wert auf einzelne Schnappschüsse gelegt wurde anstelle des etwas wüsten Dauerbilderregens des Vorentscheids.
Wir erkennen Kinder mit Vater im Boot, einen dunkelhäutigen Vater mit hellhäutigen Kind, Kinder mit Vater am Strand, in der Hängematte – erst nach und nach füllt sich der Hintergrund mit vielen kleineren Aufnahmen aus allen möglichen Jahrzehnten dieses und des letzten Jahrhunderts – alle in Schwarz-Weiß.
Zum zweiten Refrain wechselt der Video-Inhalt dann wieder zu den bereits bekannten Textanimationen.

Beginn des zweiten Refrains | © Andres Putting (EBU)

Sobald Michael auf der Bühne seine Arme zu „uoooohhhh uoooohhhh uoooohhhh“ ausbreitet, spiegelt ihn der LED-Hintergrund auch als stilisierte Figur mit den ausgebreiteten Armen wieder, eine schwazr-weiße Figur, die zu Größe anwächst und schließlich den Hintergrund mit einer sich drehenden schwarz-weißen Spirale ganz ausfüllt.

Rot | © Andres Putting (EBU)

Zum letzten Refrain wechselt die Animation schließlich in ein dominantes Rot mit weißen, jetzt wesentlich größeren Textschnipseln. Sie unterstreicht die in der Instrumentierung des letzten Refrains angelegte Steigerung des Songs, um schließlich in einem einzelnen Wort zu enden: „ALONE“.

Das Ende des Auftritts | © Andres Putting (EBU)

Die ganze Animation wirkt um einiges klarer und stringenter als im deutschen Vorentscheid. Die Reduzierung auf Schwarz, Weiß und Rot entwirrt zudem. (Im Vergleich das Titelbild oben aus dem deutschen Vorentscheid)
Das lässt uns erleichtert aufatmen.

Der Gesamteindruck der ersten Probe

Stimmlich hatten wir auch zuvor keine Sorge und Michael hat erwartungsgemäß geliefert. Allerdings war ihm anfangs in der Stimme und Mimik durchaus Nervosität anzumerken – kein Wunder, wenn wir bedenken, wie selbst wir im Pressezentrum gezittert und mitgefiebert haben.
Michael in Jeans und schwarzem langarmigen Rundhals-Shirt, die roten Haare anfangs wie ein Heiligenschein, im zweiten und dritten Durchlauf jedoch von vorne ausgeleuchtet

Die Kamerafahrten wirken bereits bei der ersten Probe sehr gut. Wenig Totale – stattdessen fast immer Michael und der Video-Content im Hintergrund.

Offensichtlich werden noch verschiedene Varianten für die Kamerafahrten ausprobiert – in jedem der drei Durchläufe werden kleine Änderungen ausprobiert. Es ist Aufgabe von Michael und der deutschen Delegation hinterher im Viewing-Room die jeweils passendste auszuwählen.

Michael backstage mit (von li.) Christoph Pellander und Thomas Schreiber | © Andres Putting (EBU)

Richtig gut gefällt uns die Verschmelzung des expandierenden roten Video-Contents im dritten Refrain mit dem Rot der Bühnenlichter im umgebenden Hintergrund.

Auch stimmlich experimentierte Michael mit melodischen Variationen im dritten Durchlauf – da würden wir persönlich absolut zur einfachen Grundmelodie raten.

Aber in allen Durchläufen agiert er schon sehr gut mit der Kamera – wir gehen erleichtert aus dieser Probe und freuen uns auf den deutschen Auftritt in diesem Jahr.
Die Reaktionen im Pressezentrum waren gut, wenn auch nicht euphorisch. Das spiegelt ganz gut die momentane Stimmung in der ESC-Blase aus Fans und Fan-Journalisten: großer Respekt und viel Anerkennung für Michael als Künstler und den deutschen Beitrag, jedoch keine Euphorie über eine Top-Platzierung – aber wer weiß!?

In zwei Stunden tritt Michael vor die Presse – darauf werden wir zusammen mit unserem Bericht über die anderen Big 5 und Portugal eingehen.

Hier ein erster Videoausschnitt von eurovision.tv:

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