Kann zu Euphorie oder Verstimmungen führen: unser Beipackzettel zum Grand Final des ESC

Am heutigen Samstagabend findet das Grand Final des Eurovision Song Contests in der Lissaboner Altice Arena statt.
Nach zwei qualitativ höchst unterschiedlichen Semifinals gelangte leider nicht nur Erfreuliches in den Wettstreit der letzten 26.

Für Deutschland geht Michael Schulte an den Start, der den Vorentscheid mit einem überragend eindeutigen Sieg für sich entschieden hat. Lange schaffte er es nicht über einen Platz 15 bei den Buchmachern hinaus, doch seit zwei Tagen sind die Wettbüros auf ihn aufmerksam geworden und er hat sich auf den zur Veröffentlichung dieses Beipackzettels hervorragenden fünften Platz hochgearbeitet.

Als Favoriten werden gerade sowohl bei den Buchmachern als auch unter den Fans Israel und Zypern gehandelt.

Die Songs

01) Ukraine

MELOVIN: Under The Ladder

MELOVIN (und k e i n Vollmond) | © Martin Schmidtner

Nachdem uns der Fado im Intro schon in einen düsteren Zustand versetzt hat, erhebt sich zum ersten Beitrag des Abends ein Vampir aus dem zum Sarg umfunktionierten Klavier – ein Auftritt, der in die ESC-Rückblicke der kommenden Jahre eingehen wird! Und trotz der Wandlung in den weißgewandeten Pianisten bleiben wir gerade in Abendstunden lieber ein wenig auf Distanz – vor allem zum Feuerzauber auf der Bühne.
Mit Kontaktlinse aus den Karpaten direkt ans Klavier.

02) Spanien

Amaia y Alfred: Tu Canción

Junge Liebe | © Martin Schmidtner

Wenn Amaia und Alfred singen, werden Adoptions-Wünsche in uns wach. Zwar sind die beiden schon 19 und 21, dennoch hat man das Gefühl, dass sie ihre erste Teenagerliebe besingen und einfach nur glücklich sind. Mehr Schmalz geht nicht!
Gerade die – wir können es nicht anders benennen – leicht quäkende männliche Stimme rührt uns an. Doch das canción  hat einen großen Nachteil: Beim ersten Mal Hören denkt man sich nur: Wie öde! Erst nach mehrmaligem Schönhören, wird’s gefährlich.
Taschenlampen und -tücher raus!

03) Slowenien

Lea Sirk: Hvala, ne!

Sie wolle keine pinken Haare mehr, sagte Lea nach dem Einzug ins Finale | © Marc Schulte

Elektronische Musik ist meist männlich dominiert. Dass es anders geht, zeigt Slowenien in einem der modernsten Beiträge des Jahrgangs. Lea Sirk gibt unumwunden zu, dass die Grundidee des Lieds in 10 Minuten entstanden ist, doch die perfekte Inszenierung wurde wochenlang geübt und die Halle tobt zu der wichtigen Botschaft, dass es auch ganz wichtig sei, manchmal ‚Nein‘ zu sagen. Zum Finale hat sich die Sängerin anscheinend nunmehr von der Haarfarbe Pink verabschiedet.
Ja bitte zur Nein-Danke-Botschaft!

04) Litauen

Ieva Zasimauskaite: When we’re old

Ieva in der „Windmaschine“ | © Martin Schmidtner

Die Überraschung des ersten Semifinales: Litauen. Derzeit haben Balladen Konjunktur, die das Verarbeiten dunkler und schwerer Momente besingen. Uns allen kommt das ein und andere Mal, gerade im Umfeld von Jahres- und Geburtstagen, die Frage des Altwerdens in den Sinn. Wie schön ist es da, einer Weise zuzuhören, die jene Vertrautheit beschwört, die viele für ihre Beziehung anstreben. Und deswegen steht am Ende des Liedes auch der reale Ehemann der Sängerin auf der Brücke.
Eine Schlafbrille als Give-Away der litauischen Delegation wollen wir explizit nicht böse kommentieren – zu schön der Vortrag der Sängerin!
Damit lässt sich gut altern!

05) Österreich

Cesár Sampson: Nobody but you

Cesár | © Martin Schmidtner

Rennen ist ein beliebtes Stilmittel bei Inszenierungen auf der ESC-Bühne. Der österreichische Sänger rennt, um seine Liebe zurückgewinnen, denn zuvor musste er ja über eine Minute lang auf der Hebebühne ausharren. Da er ein Formular noch nicht unterschrieben hatte, durfte er in der ersten Probe zunächst auch nicht den Sprung tätigen. Seitdem springt er behände und elegant von seiner erhabenen Position. Stimmlich perfekt, deshalb:
Let´s jump and run!

06) Estland

Elina Nechayeva: La forza

Die Nechayeva | © Martin Schmidtner

Die ESC Fans mögen Diven und mit der estnischen Sängerin bekommen sie eine geliefert. Auf dem blauen Teppich lehnte sie Selfies mit Fans ab (Gefahr für die Stimme!) und zeigt, dass sie zu Recht Opernsängerin geworden ist. Aber bevor zum Hörer gegriffen wird: Die Qualität eines Liedes muss in die Bewertung mit einbezogen werden. Und da sind wir verdammt konservativ: Eine Arie ist eine Arie und sollte nicht zu einem Stimmbandbreite-demonstrierenden Popwerk verhunzt werden. Aber wie schon gesagt: ESC-Fans mögen Diven:
Viva la Diva.

07) Norwegen

Alexander Rybak: That´s How You Write A Song

Alexander Rybak | © Martin Schmidtner

Er ist Profi und weiß genau, wann welcher Augenaufschlag Punkte bringt. Als Fadosänger hätte er wohl Schwierigkeiten, denn ernsthaft-traurig haben wir Alexander Rybak nie gesehen. In einer Pressekonferenz hat er dann auch sehr ehrlich eingestanden, dass es nicht immer leicht sei, den Sunnyboy zu spielen. Das Lied macht Spaß, schnell hat man den Takt im Kopf und merkt, dass mit ein wenig Schubbidudabba und Geigenspiel des Siegers von 2009 Punkte zu holen sein werden.
Mit Geige, Charme und Kulleraugen.

08) Portugal

Cláudia Pascoal: O Jardim

Das portugiesische Duo | © Martin Schmidtner

Die Modefarbe der Saison ist unverkennbar pink. Das gilt auch für die Haare. Und wenn der Song von Cláudia Pascoal beginnt, bricht in der Arena ein Jubel aus, der unbeschreiblich ist. Portugal liebt seine Sängerin der traurigen-melancholischen Weisen. Und hier verspricht die Sängerin, jetzt, wo die geliebte Person von ihr gegangen ist, sich um all die Blumen und den Garten der geliebten Person zu kümmern. Ein Garten als Trauerort – oder um es mit Musil zu sagen:
Ein Garten ist eine Kunstnatur.

09) Großbritannien

SuRie: Storm

Gegen Sturm gewappnet: SuRie | © Martin Schmidtner

Man sieht die Kleidung der derzeitigen britischen Premierministerin und ist irritiert darüber, was auf der Insel als edel und kleidsam angesehen wird. Diese Weisheit ist auch auf die britische ESC-Musik zu übertragen. Irgendwie schon akzeptabel, aber eben nicht besonders modern oder aktuell.
Zudem schadet die Inszenierung dem Lied, da die Energie der Hymne durch den Licht-Tunnel eher gedämpft als verstärkt wird. Einen Sturm der Begeisterung wird das Lied nicht auslösen.
Let’s move backwards – use the time tunnel!

10) Serbien

Sanja Ilić und Balkanika: Nova Deca

| © Martin Schmidtner

Es gibt sie immer noch: die Freunde der balkanesken Weisen. Und aus Serbien kommt ein Lied, das vor allem eins ist: Standardware. Doch diese gekonnt dargeboten verfängt sich in den Ohren der genannten Anhängern. Weiß gewandet im Windkanal die Frauen, die das Anfangsgeheul einleiten, bis dann der schwarzgekleidete Sänger übernimmt, Ausfallschritte nach rechts und links, und um ihr Leben trommelnde und Panflöte spielende Musiker.
Ach ja: neue Kinder sind unsere Hoffnung auf Zukunft. Wir adoptieren dann lieber (siehe oben)!
Das Aufbäumen der Balkanballade.

11) Deutschland

Michael Schulte: You Let Me Walk Alone

Michael | © Martin Schmidtner

In diesem Jahr können deutsche Fans erhobenen Hauptes durch Lissabon streifen: ihr Lied wird nicht mit Verachtung gestraft. Und da Song und Inszenierung zusammenpassen, sind die Hoffnungen auf ein gutes Abschneiden gestiegen.
Der NDR hat Kritik aus den Vorjahren aufgenommen und Wert auf ein zum Song passendes und wiedererkennbares Staging gelegt. Screen Designer Falk Rosenthal und die Firma Gravity zeichnen für den Media Content, also das was hinter Michael auf der Projektionsfläche zu sehen ist, verantwortlich.  Er hatte bereits 2011. 2012 und 2017 die Media Contents der jeweiligen ESCs entworfen – zum Beispiel das von Paradise Oscar in Düsseldorf!
Florian Wieder saß mit am Tisch und machte in LA die Firma Tait ausfindig, die jene passende, schnell auf- und abzubauende Projektionsfläche baute.
Regisseur Ladislaus Kiraly (ESC 2011, 2012 und 2017) entwickelte das Kamerakonzept und die Lichttechnik kommt von Jerry Appelt, der auch Designer des gesamten Lissaboner Lichtkonzepts ist.
All das wurde über die Wochen nach dem deutschen Vorentscheid zusammen mit Michael entwickelt, ausprobiert und immer wieder verbessert.
Sänger ✅
Song ✅
Inszenierung ✅
So könnte es in diesem Jahr zur Abwechslung mal heißen:
Piep, piep, piep – Europa hat uns lieb.

12) Albanien

Eugent Bushpeppa: Mall

Albanien | © Martin Schmidtner

Stimmgewaltig zu sein ist einfach. Aber wenn man es schafft, lautstark Töne zu halten und damit eine Klagebotschaft perfekt zu vermitteln, dann schweigt man vor Ehrfurcht. Der in den Landesfarben Schwarz-Rot gehaltene Auftritt gehört zu einer der stimmlichen Glanzleistungen des Abends. – Wie das tanzende irische Männerpaar wurde fiel auch der albanische Beitrag bei der zeitversetzten Ausstrahlung des Semifinales in China der Zensur zum Opfer und wurde gänzlich rausgeschnitten. Grund hierfür: die Tattoos des Sängers.
(Übrigens hat diesmal die EBU reagiert und die Zusammenarbeit mit dem chinesischen Kanal beendet!)
Statur: klein und schmächtig, Gesang: groß und kräftig.

13) Frankreich

Madame Monsieur: Mercy

Madame Monsieur und ihr Head of Delegation (v.re.) | © Martin Schmidtner

Das Duo Madame Monsieur gibt der Flüchtlingsdebatte einen Namen: den des auf offenem Meer geborenen Kindes Mercy. Flüchtlinge sind Menschen, die ihre Heimat nicht einfach so verlassen haben, sondern vor Gewalt und Kriegen fliehen. Und nicht zu vergessen, dass es bei Entscheidungen über Flüchtlingspolitik auch immer um jene Menschen geht, davon handelt das französische Chanson.
Nur leider bleibt die Inszenierung erstaunlich kühl und der Bezug zum Thema wird visuell nicht hergestellt.
Irgendwie scheinen Madame Monsieur davor zurückzuscheuen, das Thema ihres Songs hier in Lissabon mit dem Wort „Flüchtling“ in Verbindung zu bringen. Am Donnerstagabend hatten sie im Green Room des Semifinales bei der Vorstellung ihres Liedes alle Gelegenheit dazu, verwiesen aber nur kurz und knapp auf „Liebe und Menschlichkeit“ als Sujet ihres Beitrags.
Was wir auch nicht verstehen: warum soll das Publikum die Arme zu Mercy, Mercy im letzten Refrain synchron vor- und zurückstrecken? Weil es gut aussieht? Trotzdem:
Die Rettung des französischen Chansons.

14) Tschechien

Mikolas Josef: Lie to me

Hoodie im Club | © Mac Schulte

Das Ex-Modell Mikolas Josef hat es faustdick hinter den Ohren. Auf der Bühne präsentiert er sich als ein braver Schuljunge, der auf wild macht, und vor Ort pflegt er das Bild des Partyboys. Mit Hoodie sich vor dem Fans a la Justin Bieber „versteckend“, taucht er um 2.30 Uhr im Euroclub auf und trinkt erst mal einen Kurzen, bevor er sich den Fans bereitwillig stellt.
Flott und frech – passend zum tschechischen Geck.

15) Dänemark

Rasmussen: Higher Ground

Rasmussen im Partyrausch | © Martin Schmidtner

Bei den Wikingern aus Dänemark gibt es in der Gunst der männlichen Fans  klar zwei Favoriten: die beiden zu Anfang rechts auf der Bühne Stehenden. Hier vor Ort gebärden sich die Dänen weit weniger martialisch als auf der Bühne: nur auf Wunsch wird böse geschaut.
Das Aufspringen auf die Fantasy-Mittelalter-Welle schwemmt Dänemark in der Gunst des Publikums natürlich nach oben. Und ja: es handelt sich um ein Friedenslied: „Frier den Pfeil in der Luft ein!“
Bärtige Barbaren in Wind und Schnee.

16) Australien

Jessica Mauboy: We Got Love

Jessica | © Martin Schmidtner

Die „First-Nation-Person“ Jessica Mauboy aus Australien will gute Laune verbreiten und das tut sie mit ganzem Einsatz. Doch die Proben gerieten zum Desaster. Hektisch und völlig übertrieben wirbelte die Sängerin über die Bühne, dass man Angst beim Zusehen bekam, sie könne Schritte und Bewegungen vergessen. Gefeilt und geändert wurde deshalb bis zuletzt.
Doch trotz erheblicher Verbesserungen können wir nicht verstehen, warum Kopfschleudern, Stammestanzschritte und unnatürlich übertrieben wirkende Handbewegungen eingebaut wurden. Klar, dass da die Nerven dünn gespannt sind und die Stimme leidet.
Wild Dances in Bonbonfarben!

17) Finnland

Saara Aalto: Monsters

Saara bekam im Pressezentrum Monster-Unterstützung von Lordi | © Marc Schulte

„Ich fürchte mich nicht mehr und werde endlich so leben, wie ich es will.“ Diese Botschaft zu verbreiten und Mut zu machen, hat Finnland zu einem der Fan-Favoriten werden lassen. Und ja, die Sängerin Saara Aalto – eingefleischter ESC Fan – will auf der Bühne alle Register ziehen: komplexe Aufbauten, Tanzeinlagen, Feuerwerk und das Mitjubeln des Publikums. Für das Publikum außerhalb der ESC-Bubble: zu viel!
Freundschaftsanfrage an meine Monster!

18) Bulgarien

Equinox: Bones

Starke Stimmen, schwacher Auftritt | © Martin Schmidtner

Eine Inszenierung kann ein Lied zerstören. Bei Bulgarien ist das leider passiert. Die mühsam konstruierten Stellungswechsel auf der erhöhten Extra-Bühne wollen keine Gefühle aufkommen lassen und wir können vor allem die Inszenierung nicht mit dem Text in Einklang bringen.
Choralgesänge auf dem Friedhof nachts um halb drei.

19) Moldawien

DoReDoS: My Lucky Day

Lieblinge des Publikums: die DoReDoS | © Martin Schmidtner

In der Halle ist der Umbau von Bulgarien zu Moldawien zu bewundern. Jedes Mal eine Meisterleistung, die beeindruckt.
Das Lied aus Moldawien zeigt eindrücklich, dass der ESC eine TV-Show ist. Ein an und für sich unauffälliges Lied wird durch perfekte Inszenierung catchy aufgepoppt.
Vier Männer und zwei Frauen erzählen die Geschichte von einer Frau, die sich zwischen zwei Männern nicht entscheiden kann. Stöckelschuhe können eben auch Männer gut kleiden.
Ein Spezialpreis für das beste Theaterstück des Grand Finals. Und mit den richtigen Sitzplätzen lassen sich auch die Brillanz und Schwierigkeiten der Choreo bestaunen.


Blau, gelb, rot bringt gute Laune

20) Schweden

Benjamin Ingrosso: Dance You Off

80ies forever | © Martin Schmidtner

Der Neffe der Sängerin Charlotte Perrelli tanzt sich seine Enttäuschung über eine verflossene Liebschaft vom Leib. Und sein Tanz erzielt ohne Frage seine Wirkung. Gekonnt weiß Benjmin Ingrosso seine Körperbewegungen einzusetzen, so dass wir sicher sind, dass sich Chancen für neue Liebschaften eröffnen.
Für den guten Ton sorgen zusätzlich zum Sänger fünf Backings (3 weiblich, 2 männlich) und die mitgebrachte Technik scheint ihn zeitweise schweben zu lassen:
Smarter Schwede beim Posen!

21) Ungarn

AWS: Viszlát Nyár

Entspannte Interviews: AWS | © Martin Schmidtner

Zum Rock gehört die Show: Die Ungarn nutzen alle Möglichkeiten der Bühne in der Arena: es fehlt nur noch, dass sie die ganze Halle abfackeln.
Das Lied hat hier viele auch hartgesottene Schlagerfans im Sturm erobert, weil die Band ihren Traum so unbefangen lebt und jeder spürt, wie viel Spaß sie haben.
Beim Song selbst dagegen ist das Schreien Ausdruck von Trauer und macht deshalb Sinn – alles in allem ein Gesamtkunstwerk!
Schrei Dich frei!

22) Israel

Netta: Toy

Netta | © Martin Schmidtner

Die ersten Klänge ertönen und der Saal tobt. Netta trifft den Zeitgeist, indem sie sagt, was viele nur denken und nicht danach handeln: „Ich bin nicht dein Spielzeug, du dummer Junge.“ Und dumme Männer sind eitle Gockel.
Und sie wehrt sich gegen Bullying und Abwertung ihrer Person: „Look at me, I’m a beautyful creature“ schmettert sie selbstbewusst – und hat einfach Recht damit.
Das war in ihrem Leben nicht immer so. In einem Interview erzählte Netta, wie sie früher als Außenseiterin gehänselt wurde. Das Verrückte am ESC sei für sie, dass die ihr seit Wochen zugeschriebene Favoritenrolle eine gänzlich neue Erfahrung sei: „Ich war noch nie in meinem Leben eine Favoritin.“
Unsere Grinsekatze Nr.1

23) Niederlande

Waylon: Outlaw In ‚Em

Waylon | © Martin Schmidtner

Cool und unnahbar, so präsentiert sich der niederländische Sänger Waylon gerne – er lebt für sich ein wenig den Outlaw, der auch in seinem Lied besungen wird. Die dazu dargebotenen Tänze sind mehr als beeindruckend und begeistern – diese Körperbeherrschung macht sprachlos. Und doch will uns sich nicht ganz entschließen, wie Musik, Positionierung und Text bei diesem Stück zusammen passen. Warum bestimmt Waylon, wer zu tanzen hat? Wenn doch alle Outlaws sind, ist das doch nicht notwendig, oder?
Fröhlich und glücklich können andere sein, ich bin es nicht.

24) Irland

Ryan O’Shaughnessy: Together

Iren haben Spaß | © Martin Schmidtner

„Luv is luv“, egal in welcher Kombination, schöner kann ein Ire es nicht sagen. Traurige Balladen sind en Vogue in diesem Jahr. Umrahmt mit dem schönsten Pas de Deux der ESC-Geschichte sehen wir uns auch beim Hören trotz sommerlicher Temperaturen im winterlichen Dublin.
Liebe, Laternenlicht, Liberalität.

25) Zypern

Eleni Foureira: Fuego

Eleni | © Martin Schmidtner

Akrobatik in einer Form, die bei einer Nachahmung schon nach fünf Sekunden zu Kopf-, Kreuz und Nackenschmerzen führt, dargeboten von einer langhaarigen Aphrodite, die das Feuer der Liebe besingt – das ist der zypriotischer Mittelmeerpop, der hier für unseren Geschmack viel zu viel in Ekstase versetzt, da die Ansteckungsgefahr verdammt hoch ist.
Ah yeah, ah yeah, ah yeah! Fuego!

26) Italien

Ermal Meta e Fabrizio Moro: Non Mi Avete Fatto Niente

Kämpferische Ragazzi | © Martin Schmidtner

Terrorismus hat das Ziel, Gesellschaften durch Angst und Gewalt zu destabilisieren. Das darf und soll nicht gelingen. Und deswegen bekennen sich die beiden italienische Sänger kraftvoll und kämpferisch zum Leben. „Aber gegen allen Terror, der den Weg behindert, Erhebt sich die Welt wieder mit einem Kinderlachen“ – ein beeindruckender Song, beeindruckend dargeboten!
Kinderlachen bekämpft Terror.

Die Show

Artig stellen sie sich in jeder Show vor, die vier Moderatorinnen Filomena Cautela, Sílvia Alberto, Daniela Ruah und Catarina Furtado, die wie in den Semis auch heute wieder gemeinsam durch den Abend führen.
Eine Petra Mede ist nicht darunter, aber sie haben Charme und Esprit und offensichtlich Spaß, wenn auch der Funke bisher nicht so richtig zünden wollte.

Zwar ist das Gesamtkonzept, sich am Motto All Aboard – Alle an Bord zu orientieren stimmig umgesetzt. Der Bühnenhintergrund als große Welle beispielsweise oder die feschen Matrosen als Fahnenträger und Assistenten, aber in den wesentlichsten Elementen bleiben die Portugiesen doch eher konservativ. Zwar gibt es neben den klassischen Fado-Sängerinnen auch Klänge eines DJs, aber schwungvoll-modern sieht anders aus.

Gerade zum Opening mit Flaggenparade ist Fado dann doch eine gewagte Einstimmung.
Aber im Sinne des Vorjahressiegers Salvador Sobral soll eben die Musik im Mittelpunkt stehen. Apropos: natürlich sehen wir ihn wieder und vor allem weniger von Krankheit gezeichnet als in Kiew zeigt er sich nun zum ersten Mal wieder einem großen Publikum.

Keine Vorhersage

Das Spannendste des Grand Finals dürfte die Wertungsphase werden. Hier wagen wir die Prognose, dass es keinen Erdrutsch-Sieg geben wird, sondern spannende Wechsel in der Führungsposition. Das Auf- und Ab der letzten Tage bei den Buchmachern dürfte sich hier heute fortsetzen.

Einen Sieg werden wir nicht prognostizieren. Wir sind personell nicht so aufgestellt, dass wir alle potentiellen Kandidatinnen und Kandidaten auf uns aufteilen und sagen können: „Wir wissen, wer gewinnt.“ Auch wenn dies sonst die Lieblingsbeschäftigung von Fans zu sein scheint.
Außerdem geben wir zu, in diesem Jahr für diese Frage zu befangen zu sein.

Zudem lässt sich aus unseren bisherigen Texten leicht herauslesen, was uns überzeugt hat und wem wir Großes zutrauen. Warten wir, bis das Publikum und die Jurys werten,,,

| © Thomas Hanses (EBU)

Die Übertragung

Das Erste und der Digitalsender One übertragen das Finale heute Abend ab 21 Uhr. Zuvor gibt es ab 20:15 Uhr den traditionellen Countdown von der Reeperbahn. Und im Anschluss die „Grand Prix Party“ im Ersten.

Alle Sendungen und Termine -> zum Nachlesen

Daneben kann das Finale in diversen Livestreams verfolgt werden:

 

 

 

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